StadtRaumBoxen #24: UFK Benedikt Braun. NACH DEM DRITTEN REICHTS

Artist Talk: Tely Büchner und Susanne Knorr mit Benedikt Braun

In etwas weniger als einem Monat wird ein neuer Landtag in Thüringen gewählt.

Benedikt Braun, der seine Kunst selbst als Ultrafreie Kunst (UFK) bezeichnet, ist mit seinen zumeist provokativen Arbeiten zu Fragen sozialer Un/Gerechtigkeit, den prekären Lebensverhältnissen von Künstler:innen, Kapitalismuskritik in all seinen Facetten weit über Thüringen hinaus bekannt.

Wirklich zu provozieren, fällt heute in der Kunstwelt nicht leicht. Wir als Rezipient:innen sind schon einiges gewohnt. Wann stellen wir uns heute noch Fragen wie: Darf man das überhaupt? Wird hier nicht eine Grenze überschritten? Bei Benedikt Braun sind die Anspielungen selten subtil, seine Provokation trifft uns direkt. So auch bei diesem Projekt, das er bereits seit einigen Jahren immer wieder in verschiedenen Formen in der Öffentlichkeit präsentiert.

Die StadtRaumBoxen #24 zeigen schwarzes Mesh-Gewebe bedruckt mit weißer Frakturschrift und roter Unterstreichung der Aussage „nach dem Dritten Reichts“. Gemeint ist das, was zu lesen ist. Unmissverständlich.

Benedikt Braun beschreibt die Botschaft seiner Arbeit selbst wie folgt: „Der Ausdruck „nach dem Dritten Reichts“ ist ein klares und unmissverständliches Statement gegen den Nationalsozialismus und jede Form von Extremismus. Es soll daran erinnern, dass die Demokratie nicht selbstverständlich ist und ständig verteidigt und gepflegt werden muss, um ihre Werte und Freiheiten zu bewahren.“

Dabei symbolisiert das provisorische Erscheinungsbild der Installation die Fragilität und den ständigen Wandel der Demokratie. Die Holzkonstruktion, die durch das Gewebe schimmert, verstärkt diesen Eindruck und erinnert daran, dass Demokratie stets neu erarbeitet und geschützt werden muss. Das verwendete Mesh-Gewebe, das u. a. bei Bauarbeiten verwendet wird, unterstreicht die Idee eines „Umbaus“ oder einer „Rekonstruktion“, was impliziert, dass unsere gesellschaftlichen Strukturen immer wieder überprüft und verbessert werden müssen, um extremistischen Bedrohungen zu widerstehen.

Die Arbeit – ein Wortspiel – provoziert nicht nur auf der inhaltlichen Ebene der Aussage. Eine weitere Irritation löst sie durch die Verwendung der altdeutschen Schrift aus. Eine Typo, die in der Zeit des Nationalsozialismus eine Renaissance erlebte und damit historisch konnotiert ist. Dasselbe gilt für die Farbkombination von Schwarz, Rot und Weiß. Damit unterstreichen Typo und Farbe die Leserichtung der inhaltlichen Aussage, stehen ihr zugleich aber konträr gegenüber.

Die Verteilung der Worte über alle drei Kästen zwingt die Betrachter:innen, die gesamte Installation in den Blick zu nehmen, um die vollständige Botschaft zu erfassen. Dies erfordert Interaktion und Nachdenken über die Bedeutung der Aussage. Zeitgemäß wird heutzutage gern alles auf kurze, knappe und einfache Botschaften reduziert. Unsere komplexe Welt lässt sich damit aber nicht erklären. „nach dem Dritten Reichts“ provoziert im besten Falle einen Dialog – in welcher Form werden wir sehen.