Die StadtRaumBoxen werden gefördert vom Freistaat Thüringen/Staatskanzlei und der Sparkasse Mittelthüringen.
StadtRaumBoxen # 25: Inken Reinert: SITZEN LASSEN
Für die 25. Ausstellung der StadtRaumBoxen hat Inken Reinert drei Konstellationen aus gefundenen gebrauchten Stühlen geschaffen.
Dabei nutzt die in Berlin lebende Künstlerin eine Arbeitsweise, die bereits viele ihrer vorangegangenen Projekte bestimmt: die Nutzung von Foundfootage. Das verwendete Material besitzt eine historische, politische, soziale und kulturelle Konnotation und damit Erinnerungen, die ihm eingeschrieben sind. Durch die Wiederverwendung spürt sie diesen einerseits nach, rückt die Erinnerungen beziehungsweise die mit ihnen verbundenen politischen und gesellschaftliche Informationen erneut ins Bewusstsein. Andererseits findet durch die neue Kontextualisierung eine Umwertung der Bedeutung dieser Objekte und Materialien statt. Inken Reinert eröffnet nicht nur neue Perspektiven auf das Gefundene, sondern setzt es mit dem Ort der jeweiligen Installation in Beziehung, sodass zugleich der Einfluss von Architektur und Design auf den öffentlichen Raum allgemein befragt wird.
Thematisch stehen häufig Verschiebungen in Wertesystemen und Prozesse der Verdrängung in ihrem Fokus, wie sie zum Beispiel nach dem Zusammenbruch des Sozialismus als Gesellschaftsform der Fall waren. In raumgreifenden Installationen dekonstruiert sie das Material und reagiert mit den neuen Arrangements auf Architektur und Situationen im öffentlichen wie privaten Raum. Dabei werden von ihr Leerstellen, Brachen, Orte des Wandels, des Ephemeren nach ihrer Geschichte und ihren Potentialen befragt und diese Lücken gleichsam symbolisch wie wortwörtlich (wieder) gefüllt.
Für die StadtRaumBoxen hat Inken Reinert aus ausrangierten Stühlen, die zum großen Teil noch aus DDR-Produktion stammen, drei „Konstellationen“ in den Vitrinen zusammengestellt. Die Stühle hat sie über Ebay Kleinanzeigen gefunden und einige im Fundus des KulturQuartiers. Allen Stühlen ist gemeinsam, dass sie gelagert beziehungsweise abgestellt waren, also länger nicht mehr für ihren eigentlichen Zweck, dem Sitzen, benutzt wurden. Zudem verbindet diese Sitzmöbel, dass sie eher im Kontext von Veranstaltungen oder der Gastronomie verwendet wurden.
Der Begriff des Sitzens – der auch Teil des Ausstellungstitels geworden ist – eröffnet selbst ein großes Assoziationsfeld, das von ganz privat (er/sie/es wurde sitzengelassen, Sitzlandschaft) bis öffentlich/offiziell (an einer Sitzung teilnehmen, den Vorsitz haben, Amtssitz) und all seinen Bedeutungen dazwischen (sitzenbleiben oder nachsitzen in der Schule, Probleme aussitzen, seine/ihre Zeit absitzen, Besitz ergreifen) reicht, das aber auch neutrale Bedeutungen (sitzen, Sitzgelegenheit) oder politische und ganz aktuelle Konnotationen haben kann (Wohnsitz, Sitzblockade, Sitzverteilung).
Wie auch ihre anderen Arbeiten kann „Sitzen lassen“ als Kommentar und Analyse verstanden werden. Die Arbeit besitzt aber zugleich eine starke poetische Kraft: Eine mögliche systematische Struktur wird aufgehoben in einer multiplen Anordnung, die sich als komplexes Beziehungsgeflecht ohne Anfang und Ende im und aus den Rahmen der StadtRaumBoxen heraus entwickelt. Letztlich ist die Arbeit eine Reflektion über Utopie, Realität und individuellem Lebensentwurf.
Vita
seit 2002 Gründungsmitglied des Damensalon, Berlin www.damensalon.net
2000/2001 Meisterschülerin bei Werner Liebmann, Kunsthochschule Berlin-Weißensee
1999/2000 Arbeitsaufenthalt in Chile
1997 Institute of Printing, London
1993–1999 Studium der Malerei, Kunsthochschule Berlin-Weißensee (Diplom)
Stipendien, Preise, Förderungen
2020 Arbeitsstipendium der Kulturstiftung des Freistaates Thüringen, 2020 Realisierung des Projektes Quer durchs Viertel, Wettbewerb Kunst im öffentlichen Raum II. Bauabschnitt der Karl Marx Allee, Berlin, 2019/20 Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds – Corona Neustart, 2019 Katalogförderung des Berliner Senats, 2018 Katalogförderung der Stiftung Kunstfonds Bonn, 2011 Förderung Projektfonds Kulturelle Bildung, 2009 Projektförderung des Berlin Senats für Homestories II, 2008 Projektförderung des Berliner Senats für Homestories I, 2007 Stiftung Kunstfonds, Bonn, 2004 Goldrausch Künstlerinnenprojekt artIT, 2001 Stiftung Kulturfonds, 2001 Werkvertrag der sozialen Künstlerförderung, Berlin, 2000 Heinrich-Böll-Stiftung, 1997 Erasmus-Stipendium, London, UK, 1993 Max-Leugher-Preis, Förderpreisträgerin
StadtRaumBoxen # 24: UFK Benedikt Braun. NACH DEM DRITTEN REICHTS
Artist Talk: Tely Büchner und Susanne Knorr mit Benedikt Braun
In etwas weniger als einem Monat wird ein neuer Landtag in Thüringen gewählt.
Benedikt Braun, der seine Kunst selbst als Ultrafreie Kunst (UFK) bezeichnet, ist mit seinen zumeist provokativen Arbeiten zu Fragen sozialer Un/Gerechtigkeit, den prekären Lebensverhältnissen von Künstler:innen, Kapitalismuskritik in all seinen Facetten weit über Thüringen hinaus bekannt.
Wirklich zu provozieren, fällt heute in der Kunstwelt nicht leicht. Wir als Rezipient:innen sind schon einiges gewohnt. Wann stellen wir uns heute noch Fragen wie: Darf man das überhaupt? Wird hier nicht eine Grenze überschritten? Bei Benedikt Braun sind die Anspielungen selten subtil, seine Provokation trifft uns direkt. So auch bei diesem Projekt, das er bereits seit einigen Jahren immer wieder in verschiedenen Formen in der Öffentlichkeit präsentiert.
Die StadtRaumBoxen #24 zeigen schwarzes Mesh-Gewebe bedruckt mit weißer Frakturschrift und roter Unterstreichung der Aussage „nach dem Dritten Reichts“. Gemeint ist das, was zu lesen ist. Unmissverständlich.
Benedikt Braun beschreibt die Botschaft seiner Arbeit selbst wie folgt: „Der Ausdruck „nach dem Dritten Reichts“ ist ein klares und unmissverständliches Statement gegen den Nationalsozialismus und jede Form von Extremismus. Es soll daran erinnern, dass die Demokratie nicht selbstverständlich ist und ständig verteidigt und gepflegt werden muss, um ihre Werte und Freiheiten zu bewahren.“
Dabei symbolisiert das provisorische Erscheinungsbild der Installation die Fragilität und den ständigen Wandel der Demokratie. Die Holzkonstruktion, die durch das Gewebe schimmert, verstärkt diesen Eindruck und erinnert daran, dass Demokratie stets neu erarbeitet und geschützt werden muss. Das verwendete Mesh-Gewebe, das u. a. bei Bauarbeiten verwendet wird, unterstreicht die Idee eines „Umbaus“ oder einer „Rekonstruktion“, was impliziert, dass unsere gesellschaftlichen Strukturen immer wieder überprüft und verbessert werden müssen, um extremistischen Bedrohungen zu widerstehen.
Die Arbeit – ein Wortspiel – provoziert nicht nur auf der inhaltlichen Ebene der Aussage. Eine weitere Irritation löst sie durch die Verwendung der altdeutschen Schrift aus. Eine Typo, die in der Zeit des Nationalsozialismus eine Renaissance erlebte und damit historisch konnotiert ist. Dasselbe gilt für die Farbkombination von Schwarz, Rot und Weiß. Damit unterstreichen Typo und Farbe die Leserichtung der inhaltlichen Aussage, stehen ihr zugleich aber konträr gegenüber.
Die Verteilung der Worte über alle drei Kästen zwingt die Betrachter:innen, die gesamte Installation in den Blick zu nehmen, um die vollständige Botschaft zu erfassen. Dies erfordert Interaktion und Nachdenken über die Bedeutung der Aussage. Zeitgemäß wird heutzutage gern alles auf kurze, knappe und einfache Botschaften reduziert. Unsere komplexe Welt lässt sich damit aber nicht erklären. „nach dem Dritten Reichts“ provoziert im besten Falle einen Dialog – in welcher Form werden wir sehen.
StadtRaumBoxen # 23: Kristin Wenzel. PLINTHEN
StadtRaumBoxen # 22: Thomas Schmidt. DISPLAY TO ME
Foto: © Nora Klein
Schon im Entree des KulturQuartiers Schauspielhaus werden die Gäste mit Kunst im öffentlichen Raum empfangen. Seit 2016 laden die beiden Kuratorinnen Tely Büchner und Susanne Knorr Künstler:innen ein, sich mit dem Areal, der Geschichte des Schauspielhauses, der Architektur und dem Stadtraum auseinanderzusetzen und temporäre Arbeiten für die drei ehemals zum Schauspielhaus gehörenden Vitrinen zu entwickeln.
Der wohl kleinste Ausstellungsraum Erfurts ist zu einem spannenden veränderlichen Aktionsraum geworden, der überraschend in Kommunikation mit den Passant:innen tritt.
Für die StadtRaumBoxen #22 ist der Architekt Thomas Schmidt (herrschmidt architektur) eingeladen. Thomas Schmidt ist nicht nur ein leidenschaftlicher Architekt, er ist von allem auch ein Stadtgestalter und ideengebender Kulturakteur.
Neben seinen mehrfach ausgezeichneten und mit Preisen bedachten Bauten – von Privathäusern über Gebäude mit öffentlicher Nutzung wie dem Kontor oder dem Turmhaus am Wenigemarkt greift Thomas Schmidt auch immer wieder mit temporären Projekten in den urbanen Raum nicht nur architekturgestalterisch, sondern auch durch inhaltliche Angebote ein (Café togo, Strandgut, Kurhaus Simone). Dazu schenkt er u. a. vernachlässigten Orten Beachtung, wertet sie durch minimale oder umfassendere Eingriffe um. Lässt sie zu Räumen der Begegnung, Kommunikation werden; kulturelle Aktionen dienen dabei als verbindendes Element.
Seinen Projekten, die von einem sensiblen Umgang mit Vorgefundenem und dem Mut, radikal neu zu denken, zeugen, liegt stets ein komplexer Ansatz zugrunde, der weit über die eigentliche Bauaufgabe hinausgeht. Der Mensch mit seinen (kulturellen) Bedürfnissen steht dabei im Mittelpunkt. Architektur, Gesellschaft und Kultur stehen dabei in einem sich bedingenden und ergänzenden Verhältnis.
StadtRaumBoxen # 21: Christel Fetzer. DIE MÜHEN DER EBENE
6.7.–17.9.2023 | StadtRaumBoxen, Klostergang 4 | Eine Ausstellung des KulturQuartier Erfurt e. V. | Kuratorinnen: Tely Büchner und Susanne Knorr
StadtRaumBoxen # 20: Christof Zwiener. NUANCEN
18.5.–2.7.2023 | StadtRaumBoxen, Klostergang 4 | Eine Ausstellung des KulturQuartier Erfurt e. V. | Kuratorinnen: Tely Büchner und Susanne Knorr
StadtRaumBoxen # 19: Alexander Grüner. 3 + 40 WIDERSCHEINE
12.8.–9.10.2022 | StadtRaumBoxen, Klostergang 4 | Eine Ausstellung des KulturQuartier Erfurt e. V. | Kuratorinnen: Tely Büchner und Susanne Knorr
Alexander Grüner hat an der Bauhaus-Universität Weimar Bereich Medienkunst studiert, ist Gestalter im Bereich Bühnen- und Kostümbild, mit Lust auf Objekttheater und Konzeptkunst, seine Begeisterung für den Raum im engen wie im erweiterten Sinn und dessen Gestaltung spürt man bei jedem seiner Projekte. Im Theater genauso zuhause wie mit Arbeiten im öffentlichen Raum bietet er mit sensiblen und klugen Eingriffen oder schillernden Inszenierungen eine wunderbare Bandbreite der Verwandlung!
Eine Einladung für die StadtRaumBoxen #19 lag vor diesem Hintergrund auf der Hand. Die Boxen vor dem Schauspielhaus, ein kleiner Raum, klar definiert und doch offen, verwandelt Alexander Grüner zu einer Bühne, die mit ihrem Umfeld spielt. Es wird reflektiert, vervielfacht, fragmentiert – am Ende überraschen die „neuen“ Perspektiven des bekannten Ortes. Er setzt Materialien ein, deren Effekte so geläufig und alltäglich wie zugleich überraschend sind, integriert in das Konstruktive der Kuben eine weitere klare Struktur, die letztlich alles Geordnete unterläuft und (besonders in der Bewegung) ein faszinierendes Eigenleben entwickelt.
Dazu kommt das Spiel mit dem schönen und poetischen Wort Widerschein. Es beschreibt ein besonderes Licht, ein erzeugtes, reflektiertes Licht, lässt uns denken an flackernde Kerzen, den geheimnisvollen Mond oder gleißendes Sonnenlicht. Aber auch die scheinbar nüchternen Zahlen besitzen eine Bedeutung. So verschränken sich verschiedene Ebenen und wir können uns in die wunderbar veränderte Anschauung des vermeintlich Unspektakulären fallen lassen.
StadtRaumBoxen # 18: Cosima Göpfert. NEUE AUFGABEN FÜR ALTEN SÄCKE
17.6.–7.8.2022 | StadtRaumBoxen, Klostergang 4 | Eine Ausstellung des KulturQuartier Erfurt e. V. | Kuratorinnen: Tely Büchner und Susanne Knorr
Mit der Eröffnung der Installation „Neue Aufgaben für alte Säcke“ von Cosima Göpfert starten die StadtRaumBoxen in ein neues Ausstellungsjahr. Es ist die 18. Ausstellung an diesem besonderen Ort.
Die Arbeiten der in Apolda geborenen Künstlerin, die auf den ersten Blick so perfekt und einfach zu deuten daherkommen, nehmen konsequent Bezug auf gesamtgesellschaftliche Probleme, sei es die prekäre Situation von Künstler_innen oder die Hungersnot auf der Welt, die sie in einem ihrer jüngsten Projekte, „Kleine Brötchen. Große Semmeln“ (2019) zum Thema macht. Mit „Stein der Weisen“ reagiert sie auf den gnadenlosen Tourismuswettkampf (auch in Thüringen). Die Titel ihrer Arbeiten legen dabei eine Spur zur Lesbarkeit. Auch sie sind Wortspiele, Redewendungen, die scheinbar simpel und bekannt sind, aber letztlich den Finger in die Wunden legen.
Ihr bevorzugtes Material ist Porzellan – ein harter, jedoch fragiler Werkstoff, der sich nicht nur industriell für ein serielles Arbeiten eignet. Handgefertigt oder in Kooperation mit den Manufakturen entstehen Wandobjekte, Installationen und Skulpturen.
Aktuell zeigt sie gemeinsam mit Michel Ernst, ihrem Partner, im Deutschen Bundesrat während der Thüringer Ratspräsidentschaft die Ausstellung „Abgestimmt“ (bis 26.10.2022).
Für #18 der StadtRaumBoxen hat sich Cosima Göpfert für ein anderes Material entschieden: Sie recycelt Mehlsäcke aus Papier und Leinen. Diese werden für den Zeitraum der Ausstellung zur Heimstätte für Setzlinge von Bäumen und Sträuchern – allesamt Nutzgehölze, die in den Boxen einen temporären Schutzraum finden. „Neue Aufgaben für alte Säcke“ lässt sich dabei nicht nur eindimensional und wörtlich lesen.
StadtRaumBoxen # 17: dma. STADTRAUM IN DER BOX
28.10.–12.12.2021 | StadtRaumBoxen, Klostergang 4 | Eine Ausstellung des KulturQuartier Erfurt e. V. | Kuratorinnen: Tely Büchner und Susanne Knorr
Mit der Eröffnung der Installation „Stadtraum in der Box“ von Jockel Deckert und Rainer Mester startet die 17. Auflage der Ausstellungsreihe in den StadtRaumBoxen.
Stadtraumboxen, die drei Schaukästen künden von einer Zeit als das Erfurter Schauspielhaus noch ein solches war und man hier erfuhr, welche Inszenierungen auf der Bühne zu erwarten waren. Seit einigen Jahren verheißt die künstlerische Bespielung dieser Boxen einen Aufbruch in eine Zeit, da in diesem Haus wieder Kultur erzeugt und gezeigt werden wird. Erstmals haben wir Architekten angefragt, sich mit den Stadtraumboxen auseinander zu setzen. dma (Berlin/Erfurt) sind zwei für ihre Entwürfe und realisierten Projekte mehrfach ausgezeichnete Architekten, die in ihrer Arbeit immer wieder die Grenze zwischen Architektur und bildender Kunst aufheben.Über ihre Arbeit für die StadtRaumBoxen sagen sie: „Für uns lag es auf der Hand, dass wir den Stadtraum in die Boxen holen wollen. Mit unserer kleinen Installation verweisen wir darauf, dass nicht nur die Boxen selber Teil des Stadtraumes sind, sondern in ihnen Stadtraum stattfindet.
Wir wollen damit die verschiedenen Maßstäblichkeiten des gebauten Raumes bewusst machen und den Blick dafür schärfen. Es geht um den Perspektivwechsel beim Erlebnis Stadt, der Stadtraum wird selbst zur Bühne inszeniert, wird zum geschichteten Bühnenbild. Dabei finden sich Raum-Zitate, die Bezüge zum alten und jüngeren Erfurt herstellen.“
StadtRaumBoxen # 16: Sven Bergelt. ELSEWHERE, NOWHERE, HERE
10.09.–24.10.2021 | StadtRaumBoxen, Klostergang 4 | Eine Ausstellung des KulturQuartier Erfurt e. V. | Kuratorinnen: Tely Büchner und Susanne Knorr
Mit der Eröffnung der Installation „Elsewhere, Nowhere, Here“ von Sven Bergelt startet die 16. Auflage der Ausstellungsreihe in den StadtRaumBoxen.
Sven Bergelts künstlerische Praxis sind ortsspezifische Auseinandersetzungen mit Räumen, Orten und Architekturen sowie den dortigen sozialen Gefügen, historischen Einschreibungen oder politischen Prozessen. Dabei interessieren ihn vor allem gesellschaftspolitische Diskurse und deren Situierung im urbanen Raum und Fragen wie diese durch installative Interventionen sichtbar gemacht werden können. Im Zusammenspiel zwischen dem vorhandenen räumlichen Kontext und den Installationen definiert er (temporär) Räume und Orte neu und verschiebt vertraute Sichtweisen.
Ausgangspunkt für die Erfurter Installation war ein Nachdenken über rechte Gewalt und die oftmals politische versuchte Darstellung, dass diese Einzeltaten sind und kein strukturelles Problem darstellen. Damit verbunden sind oftmals Aussagen wie: „Das passiert doch nur woanders“, oder „Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass das auch hier passiert“. Gleichzeitig gibt es Orte und Regionen, die als Rechts stigmatisiert werden, auch das ist häufig eine undifferenzierte Wahrnehmung und betrachtet das Problem nicht strukturell.
Für die StadtRaumBoxen arbeitet Sven Bergelt ausschließlich mit Typografie, es sind zwei Sätze umlaufend auf den Boxen zu lesen, die sich mit dem Hier und dem Woanders beschäftigen und wie sich diese Raum- beziehungsweise Ortsbeschreibungen aufeinander beziehen. Zugleich sind die Sätze aber ebenso vielfältig anders lesbar.
Sven Bergelt lebt und arbeitet seit 2014 als freischaffender Künstler und Kurator in Leipzig. Seit 2013 hat er Lehraufträge an der HGB Leipzig und der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy Leipzig. Er ist Gründungsmitglied des Künstlerkollektivs Situation Room und leitet seit 2008 die Projektgalerie OneNightGallery. Darüber hinaus war er u. a. 2016 als Gastkurator am National Taiwan Museum of Fine Arts in Taichung tätig.
StadtRaumBoxen #15: SCHAUM. Den Pessimismus organisieren
10.07.–22.08.2021 | StadtRaumBoxen, Klostergang 4 | Eine Ausstellung des KulturQuartier Erfurt e. V.
Mit der Eröffnung der Installation „Den Pessimismus organisieren“ startet mit der 15. Auflage die Ausstellungsreihe in den StadtRaumBoxen in das Jahr 2021.
Schaum ist ein Artist Collective aus Rostock. Die Künstlergruppe verfolgt einen konzeptuellen Ansatz und arbeitet dabei gattungs- und medienübergreifend mit Fotografie, Malerei, Grafik, Objekt, Installation und Performance.
Die Arbeiten von SCHAUM – häufig für den öffentlichen Raum entwickelt – sind nicht nur selbstreflexive Auseinandersetzungen mit Kunst und Kultur, sondern immer auch als Spiegel unserer Gesellschaft zu verstehen; politische, soziale, ökologische oder gesamtgesellschaftliche Phänomene beziehungsweise gleich ganze Diskurse werden in ästhetische Ausdrucksformen übertragen. Sie legen mal mit Humor, mal mit Ironie, mal plakativ, mal subtil den Finger in die Wunde – und nehmen ihn dort nicht so schnell wieder weg.
Die Installation, die aktuell für die StadtRaumBoxen entstanden ist, spielt mit einem Symbol, das in der politischen Ikonografie für Widerstand, Solidarität und Stärke steht – die geballte Faust.
In einer Gesellschaft, in der sich immer ungebremster Wut und Aggression verbal oder physisch entladen, verschiebt sich diese Konnotation der Faust ins Negative und vermag so letztlich ein Grundgefühl wie Angst auszulösen. Die Ambivalenz, die dieser emblematischen Form innewohnt, wird in den drei Boxen zum Thema – überschrieben ist die Installation mit einem Zitat des Geschichtspessimisten Walter Benjamin, das er jedoch als hoffnungsvoll gemeinte Handlungsstrategie formulierte.
KOMMT vorbei!
StadtRaumBoxen #14 – Liz Bachhuber. BRIDGES AND BOWS
Die in Weimar lebende Künstlerin Liz Bachhuber (geb. in Milwaukee, USA) widmet sich zumeist mit ihren orts- und kontextbezogenen Arbeiten dem öffentlichen Raum, wobei sie mit Materialien arbeitet, die sie vor Ort findet und in ungewöhnlichen Kombinationen aufeinander bezieht. Gefundene Materialien und Gegenstände sind für sie als Träger des kollektiven Gedächtnisses wichtig: Werkzeuge des Alltäglichen, Abfall und Fundstücke, die Spuren menschlichen Handelns in sich tragen. Zentral ist der Begriff des Kreislaufs, im Sinne der Wiederverwertung: Nichts geht verloren. Was technisch oder materiell verschlissen ist, kann ein neues Leben als ideelles Objekt gewinnen, beispielsweise als Metapher für das Wechselverhältnis von Mensch und Natur. „Bridges and Bows“ ist der Titel der Installation von Liz Bachhuber, die sie für die #14 der Ausstellungsreihe StadtRaumBoxen geschaffen hat. Die drei Boxen werden verbunden, so wie Brücken und Bögen Räume überspannen und Getrenntes verbinden können. Keine Frage, diese Arbeit ist mit Symbolik behaftet, nicht nur die drei Boxenkörper und der Raum um sie herum werden bildhaft in Beziehung gesetzt.
Auch dieses Mal sind es wieder die selbst geernteten Schösslinge, mit denen Liz Bachhuber eine Grundkonstruktion erschafft. In die überspannenden Bögen beziehungsweise die an die Konstruktion der Boxen angedockten Nester, die mal großzügig und offen, dann wieder verdichtet sind, arbeitet die Künstlerin farbige Fundmaterialien ein, setzt Akzente. Manche von ihnen wirken verspielt – nobilitieren wie Schleifen (eine weitere Bedeutung von Bows) diese Objekte. Neben den verwendeten Materialien ist eine Handschrift erkennbar; mit beiden greift die Künstlerin in räumlich vorgegebene Gefüge ein und gibt diesen einen neuen Ausdruck.
StadtRaumBoxen #13 – Monika Goetz. INTO THE VOID
Für die 13. Auflage der Ausstellungsreihe StadtRaumBoxen wurde Monika Goetz eingeladen eine neue Arbeit für den wohl kleinsten Ausstellungsraum in Erfurt zu konzipieren.
Licht und die Abwesenheit von Licht, Raum an sich sowie der Vorgang des Sehens haben eine große Bedeutung in den zumeist ortsspezifischen Arbeiten von Monika Goetz.
Die in Berlin lebende Künstlerin hat für die StadtRaumBoxen eine weiterzudenkende Netzstruktur entworfen, mit der sie die drei Vitrinen umhüllt – ohne sie zu verdecken. Das Netz mit seinen vielschichtigen Bedeutungen von Verbinden, Schützen, Energiefluss, Konstruktion und vielen anderen ist eine wunderbare Metapher für alles, was im und durch das KulturQuartier passiert.
StadtRaumBoxen #12: Robert Krainhöfner. BEWEGT
16.05.–12.07.2020
Für die StadtRaumBoxen #12 wurde Robert Krainhöfner aus Jena eingeladen.
Mit einem Diplom für Kunst im öffentlichen Raum schloss er sein Studium an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg ab. Ausgangspunkte für seine Arbeiten sind einfache geometrische Formen, wie Kreise und Rechtecke, welche sich offensichtlich einem Veränderungsprozess unterziehen. So entstehen Metamorphosen sowie Zwischenräume, welche einen Prozess beschreiben. Ein Prinzip, das er bereits in verschiedenen Materialien durchdekliniert hat, ist die Faltung, ein anderes die Drehung. Mit diesen Techniken entwickelt er seine Formen konsequent von der Fläche in den Raum und setzt dabei gezielt die Wirkung von Farben ein.
Für die StadtRaumBoxen #12 entwickelte Robert Krainhöfner eine Arbeit, für die er erneut ein Material, das er bereits vielfach für seine Arbeiten eingesetzt hat, benutzt: Stahl. Dieses Mal sind es lange Stäbe, die durch ihre bloße Verankerung in einer Bodenplatte in der Höhe beweglich sind. Das Raster, das die Grundplatte vorgibt, löst sich nach oben auf, es ergeben sich Überlagerungen der grafischen Struktur der Stahlstäbe, die zum einen bei der Wahrnehmung der Arbeit im Vorübergehen optisch in Bewegung geraten. Durch das Berühren dieser skulpturalen Arbeit – gleich ob durch Wind oder die Interaktion eines Menschen erzeugt – entsteht zudem ein Klang, der leise den umliegenden Raum erfüllt und sich in den Sound der Stadt einfügt.
Aufgrund der Coronasituation müssen wir dieses Mal leider auf eine Eröffnung verzichten. Im Laufe der Ausstellung wird aber ein Interview mit Robert Krainhöfner und einen Film vom Aufbau veröffentlicht.
Für euch war Nora Klein beim Aufbau mit der Kamera dabei. Viel Spaß beim Schauen! Auf eine Vernissage der Arbeit BEWEGT von Robert Krainhöfner mussten wir diesmal leider verzichten.
StadtRaumBoxen #11 – Karo Kollwitz “Kleines Weltbrett”
Für die #11 der StadtRaumBoxen wurde Karo Kollwitz aus Weimar, wo sie an der Bauhaus-Universität lehrt, eingeladen. Sie ist eine Künstlerin, die unter anderem im öffentlichen Raum arbeitet. Ihre Interventionen zielen auf Kommunikation mit den Betrachter*innen beziehungsweise ihr Interagieren, seien es die Textmaschinen – Hörstationen, die an Lichtmasten in verschiedenen Städten angedockt sind – oder ihre Aktion mit den eigenen Waldschafen und einer Schießbude im Stadtteilpark Weimar West oder die Kabine in Helsinki zwischen Park und Bucht, die als Versteck für Menschen diente,die eins brauchten, und das von der Künstlerin und Bewohnern der Stadt betreut wurde. Für den wohl kleinsten Ausstellungsraum in Erfurt hat sie eine Installation aus Holz geschaffen, der sie den Namen Kleines Weltbrett gibt. Kein geringerer als Friedrich Schiller hat die Formulierung „Bretter, die die Welt bedeuten“ 1803 seinem Gedicht „An die Freunde“ geprägt, seitdem stehen diese Bretter synonym für die Bühne eines Theaters. Karo Kollwitz holt sie aus dem Schauspielhaus heraus, stellt sie schützend über die StadtRaumBoxen. Eine Geste, die auf das aufmerksam macht, was im und mit dem Schauspielhaus passiert, seitdem der Verein KulturQuartier Erfurt diesem Ort wieder Leben einhaucht und ihn als einen Kulturort nutzt – noch in der Probephase, aber das Ziel steht fest. Und so kann aus dem Kleinen Welttheater etwas ganz großes werden.
StadtRaumBoxen #10 – Maria Vill & David Mannstein „cluster of stars“
Für die StadtRaumBoxen #10 wurde mit Maria Vill und David Mannstein in Künstlerduo aus Berlin gefunden, das in Erfurt bereits künstlerische Spuren hinterlassen hat, die eng mit dem KulturQuartier verbunden sind. 2007 gewannen sie den Wettbewerb um die künstlerische Gestaltung eines Denkmals zur Ehrung das Engagements von Willy Brandt und den Erinnerung seines Besuches 1970 in Erfurt. Nach einer aufregenden öffentlichen Debatte wurde die Leuchtschrift auf dem Dach des Hotel Erfurter Hof WILLY KOMM ANS FENSTER abgeändert in WILLY BRANDT ANS FENSTER. Mit einer Performance wanderte das übriggebliebene KOMM zu Radio F.R.E.I. und ist inzwischen ein Markenzeichen des KulturQuartiers geworden. Maria Vill und David Mannstein intervenieren mit ihrer neuen Arbeit für die StadtRaumBoxen im öffentlichen Raum in Erfurt.
StadtRaumBoxen #9 – Johanna Nocke „Offener Raum“
StadtRaumBoxen #8 – Nici Wegener „Ressourcen und Visionen“
StadtRaumBoxen #7 – MichaL Schmidt
Zur zweiten Eröffnung 2018 werden in diesem etwas anderen „Galerieraum“ Arbeiten des Erfurter Künstlers MichaL Schmidt vorgestellt.
6,39m³ + stellt den Versuch dar, die eigenen formalen Gewohnheiten, weg von den sonst klar umrissenen zweidimensionalen Malereien und den meist statischen Objekten, bzw. installativen Arbeiten Michal Schmidts, hin zu einer freien Auseinandersetzung mit dem Raum rund um die Stadtraumboxen vor dem alten Schauspielhaus in Erfurt spielerisch neu auszuloten. Der Titel beschreibt das Gesamtvolumen der Boxen.
Die drei Schaukästen definieren eine kleine, recht limitierte Projektionsfläche aus jeweils sechs Seiten. Diese gilt es aufzulösen und mit Hilfe freier, textiler Elemente zu erweitern. Die Stadtraumboxen sind so nicht nur Sockel, sondern gestalterisches Element, Teil einer größeren Komposition. So geht also um Platz und Raum, konkret und metaphorisch. Es braucht also mehr als 6,39m³ +!
StadtRaumBoxen #6 – Christian Claus „home sweet home „
StadtRaumBoxen #6: „home sweet home“ heißt der sechste Streich im Rahmen unserer Ausstellungsreihe vor dem Schauspielhaus. Der in Erfurt und Weimar lebende Künstler Christian Claus macht den Anfang des diesjährigen Reigens, seine Arbeiten werden bis zum 17. Juni 2018 zu sehen sein.
Für den musikalischen Rahmen der Vernissage sorgt Jan B (Polyfon).